Das schwarze Gold waschen

Nicht nur gebrauchte Schallplatten haben eine Wäsche nötig. Da wäre bei neuen Scheiben zum Einen die hohe statische Aufladung. Selten, doch es kommt vor, steht der Neukauf einer Gebrauchten in Sachen Dreck in Nichts nach. Dabei geht es nicht um Fussel, Haare oder was auch immer Ekliges. In der Rille selbst häufen sich Partikel, die je länger die Scheibe läuft, nur noch ein Schnarren statt rhythmischer Klänge hervorbringen.

In der Plattenstube gilt: Jede Scheibe, egal ob neu oder alt, wird beim ersten Abspielen feucht gereinigt! Zuerst mechanisch mit einem Pinsel (Schallplattenbürste) von Innen beginnend und langsam nach Außen ziehend. Der Pinsel sieht aus wie ein Rasierpinsel, hat nur mehr und viel weichere Haare. Von der länglichen Kohlefaser-Schallplattenbürste halte ich nichts. Bei meinem Versuch haben die Kohlefaser schnell schlapp gemacht und sich zur Seite gelegt. Da kommt bei mir kein Renigungserlebnis auf.

Ich reinige feucht: Als Reinigungsflüssigkeit verwende ich eine abgewandelte Variante meines Feuerwassers, wie ich es zum Reinigen meiner Glasnegative und Filmnegative im Atelier verwende. Das Alkohol-Wassergemisch beträgt bei Schallplatten 1 Teil Alkohol + 3 Teile entmineralisiertes Wasser. Dazu kommen noch ein paar Spritzer Glasreiniger, wie er in den Sprühflaschen angeboten wird. Diese Zugabe soll der statischen Aufladung entgegenwirken. Mehr braucht es an Zutaten eigentlich nicht. Entmineralisiertes Wasser ist schon sehr reinigungsaktiv, da es versucht, sein Gleichgewicht durch die Aufnahme von mineralischen Ablagerungen aller Art wieder herzustellen. Ein Alkohol wird zum Entspannen des Wassers zugesetzt und er löst die Ablagerungen, die nicht wasserlöslich sind.

Zuerst wird der lose Dreck bei drehender Scheibe mit dem Pinsel abgebürstet. Ein zusätzliches Auflagengewicht* drückt die Scheibe Vinyl auf den Plattenteller, was das Durchrutschen der Scheibe verhindert. Das Feuerwasser „Vinyl“ sprühe ich vorsichtig auf die sich drehende Scheibe. Ich nehme ein Mikrofasertuch, das nur für diese Reinigung verwendet wird, um von Innen nach Außen sanft durchzuwischen. Wenn die Nadel eine Weile den Morast aus der Rille gekratzt hat, kann auch sie verdrecken. Hier hilft eine Nadelbürste und das vorsichtige Entfernen der Ablagerungen, vorzugsweise solange der Dreck noch feucht ist. Angetrocknet wird es schwierig, die Nadel vom Schmutz zu befreien.

Waschmaschinen für Schallplatten? Ultraschallbäder für Vinyl? Schaue ich mir die billigen Handapparate an – billig bezieht sich eher auf die Mechanik und nicht auf den Preis – möchte ich darauf verzichten. Ultraschallbäder für Schallplatten sind unanständig teuer, zumindest für den Ottonormalhörer. Durch Mikrokavitation werden wohl die kleinsten Partikel aus den Rillen geholt. Ob sich der Technikeinsatz lohnt? Nach 850 Scheiben wie oben beschrieben gereinigtes Vinyl meine ich NEIN. In der Regel sind Schallplatten gesamtflächig dreckig (Raucherhaushalt, Staub, Finger- und Handflächen). Der eine oder andere Popel sorgt für Sprünge, die man beim Wischen sogar spürt. Vorsichtig mit Feuerwasser und leichtem Druck, lassen sich die Störenfriede entfernen. Einmal wie beschrieben das schwarze Gold gereinigt, nehme ich danach nur noch den Pinsel.

* Das Auflagengewicht liegt auch beim Abspielen auf.

Autor: Makkerrony

Während Makkerony durch das Leben wandelt, hört er gerne Musik. Unterwegs digital, in seinem Betonpalast analog von Schallplatte. Makkerrony ist im Interweb auch als Lichtbildprophet unterwegs, auch hier analog mit Filmkamera und Pinsel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert