The Lamb Lies Down on Broadway – Genesis

Meine Geschichte zum Album
In meiner Kindheit und zu den Anfängen meiner Jugend habe ich in Berlin-Weißensee gewohnt. Antonplatz, über dem Kino Toni. Keine 500 Meter davon entfernt war ein Plattenladen, in dem ich regelmäßig reingeschaut habe. Auch wenn das Taschengeld keine großen Sprünge zu ließ, landeten einige AMIGA-Lizenzscheiben bei mir. Die andere Quelle, zumindest zeitweise solche Schallplatten zu hören, war die Bibliothek in der Pistoriusstrasse. Irgendwann folgte dann der Umzug nach Pankow. Der nächste Plattenladen war weiter weg und eine öffentliche Bibliothek habe ich dann auch nie wieder benutzt.

Irgendwo dazwischen hatte ich das erste Mal Kontakt mit Genesis. Natürlich kannte ich die Gruppe und ihre Lieder aus dem Radio. Doch es waren eher die eingängigen Hits und nicht das, was in der Ära Peter Gabriel hervorgebracht wurde. Alles was mit Genesis und den Soloprojekten zu tun hat, erschloß sich mir erst nach dem Mauerfall. Wohl weil The Lamb Lies Down on Broadway ein Angebot war, holte ich mir die Doppel-LP. Sie hatte rein gar nichts mit der Hitmaschine unter Phil Collins als Sänger zu tun und es brauchte schon zwei oder drei Hörgänge, bis meine Liebe zu ihr entbrannt ist. Insbesondere Seite drei mit Lilywhite Lilith und The Waiting Room sind für mich noch heute Titel, bei denen ich mich Frage: Was wäre aus Genesis geworden, wenn die Fünferbesetzung so geblieben wäre?

Hätte, hätte, Fahrradkette. Carpet Crawlers gehörte zur Setlist der Band, war quasi ein Muss. 2007 hatte ich das Vergnügen, Genesis Live im Berliner Olympiastadion zu sehen. Ein Erlebnis, auch wenn ich im Anschluß vom stundenlangen Stehen keine Beine mehr hat. In letzter Zeit habe ich mich sogar Steve Hackett geöffnet, insbesondere den aktuelle Livemitschnitten, in denen er sowohl alte Genesis-Titel als auch sein eigenes Material spielt.

Kurzrezension
The Lamb Lies Down on Broadway ist ein Konzeptalbum aus dem Jahr 1974, das als eines der ambitioniertesten Alben der Band gilt. Es erzählt die surrealistische Geschichte von Rael, einem puertoricanischen Straßenjungen in New York, der sich auf eine mystische Reise begibt. Musikalisch verbindet das Album komplexe Arrangements mit kraftvollen Melodien und experimentellen Soundlandschaften. Songs wie In the Cage, The Carpet Crawlers und The Colony of Slippermen zeigen die Vielseitigkeit der Band und die emotionale Tiefe von Peter Gabriels Gesang, der Geschichte des Albums verstärkt. Das Album ist Gabriels letzter Auftritt als Sänger von Genesis und ist noch heute ein Meilenstein des Progressive Rock.

Aphrodite’s Child – 666

Meine Geschichte zum Album
Zum Start der Plattenstube habe ich mir eine besondere Plastinka (russisch, Einzahl für Schallplatte, Mehrzahl Plastinki) rausgesucht!

Was war zuerst: Vangelis, Demis Roussos oder Aphrodite’s Child. Klare Antwort: Aphrodite’s Child und The Four Horsemen. Gespielt in den frühen Abendstunden im Westradio und ich meine sogar, dass ich das Lied (nicht vollständig) auf eine Kassette gezogen habe. Dieses Lied hat sich in mein Gehirn festgebrannt. Warum, keine Ahnung. Es gibt noch solch ein Lied, nicht von Aphrodite’s Child, was sich wie ein Häufchen Hundescheiße innerlich verewigt hat: Late Night Taxi Dancer von Peter Straker aus 1977.

Zurück zum Titel The Four Horsemen, der mit dem orgastisch anmutenden Late Night Taxi Dancer überhaupt nicht zu vergleichen ist. Ungelogen hat es Jahrzehnte gebraucht, bis mir bewußt wurde, dass Demis Roussos, mir bis dahin geläufig als deutschsingender Schlagersänger, und Vangelis hinter Aprodite’s Child stecken. Es gehören noch zwei weitere Musiker zur Gruppe, aber die sagen mir gar nichts. Später, also nach 1977, kreuzte Vangelis mit der AMIGA-Pressung Vangelis – Greatest Hits aus 1986 meinen Weg. Zwar war ich der elektronischen Musik verfallen, doch Vangelis passt nicht ganz in meinen musikalischen Kragen. Die spätere Henry Maske-Hymne Conquest of Paradise hat die innere Ablehnung nur noch verstärkt.

Also: Vangelis und Demis Roussos sind Teil von Aphrodite’s Child und haben The Four Horsemen herausgebracht, das mich musikalisch anspricht. Ich höre mir in Apple Music das Album 666 an. Meine Begeisterung hält sich in Grenzen: 666 ist kein Album was ich so nebenbei auf der Arbeit hören kann. Ein paar Versuche später und ich schaue mich nach Exemplaren in Vinyl um. Die Preise im Gebrauchthandel sind mir zu hoch. Wenig später sehe ich, dass das Doppelalbum auch in Neu verkauft wird. Ich schlage zu.

Bedenke ich das Jahr des Erscheinens und wie weit die Musik in ihrer Entwicklung war, dann ist 666 schon ein beachtliches Werk und ich verstehe, wieso Jon Anderson Interesse an Vangelis als Keyboarder und Wakeman-Ersatz für Yes hatte. Daraus wurde nichts, glücklicherweise muss ich sagen, denn das Duo Jon & Vangelis haben die Musikwelt viel mehr bereichert.

Kurzrezension
666 von Aphrodite’s Child ist ein wegweisendes Konzeptalbum aus dem Jahr 1972, das die Offenbarung des Johannes musikalisch interpretiert. Unter der Leitung von Vangelis verbindet das Album progressiven Rock, psychedelische Klänge und experimentelle Soundlandschaften. Besonders herausragend sind Titel wie The Four Horsemen, das mit seinem Rhythmus und der markanten Stimme Roussos eine düstere Atmosphäre schafft, sowie Aegean Sea, das mit sphärischen Klängen beeindruckt. Das Album enthält auch das Stück , in dem Irene Papas eine in Zügen ekstatische Gesangsdarbietung liefert. 666 gilt heute als Meilenstein des Progressive Rock. Es ist ein Album experimenteller Musik, das musikalisch und konzeptionell Grenzen überschreitet und noch heute fasziniert.

Plattenstube – Die Vinylothek

Es war einst ein Freund der Musik, der lebte in einem Land, das es heute nicht mehr gibt. Er liebte die Musik und legte sich eine kleine Sammlung großer und kleiner Scheiben schwarzen Vinyls zu. Dann kam eine kleine silberne Scheibe auf. Die sollte viel bessere und mehr Musik sein. Der Freund der Musik ist ein Narr: Er glaubte den Worten des Scheibenmachers, gab seine Sammlung schwarzer Scheiben auf und hörte fortan Musik digital. Es gingen Jahrzehnte ins Land. Eines Tages stand die Perle (Kosewort für Freundin, Geliebte, Verlobte, Gattin) vor seinem Tor und trug eine Schallplatte in die Betonhöhle. Die edle Scheibe schwarzen Vinyls muss natürlich gehört werden, was für den Freund der Musik bedeutet: Männershoppen!

Ein nobler Schallplattenspieler nebst Class D-Verstärker* muss her! Klotzen statt kleckern heißt es ja so schön und damit die eine Scheibe Vinyl sich nicht so einsam fühlt, haben wir, die Perle und ich, mittlerweile viele schwarze Brüder und bunte Schwestern adoptiert. Selbst der Plattenspieler nebst Verstärker und Boxen wurde noch einmal gekauft, damit im Heimatelier die schwarzen Scheiben abgespielt werden können.

Ich habe zwei Sammelschwerpunkte: AMIGA – Lizenzschallplatten und Vinyl mit Live-Mitschnitten. Zu den musikalischen Favoriten zählt für mich alles um Genesis und Nebenprojekte/Einzelgänge, Pink Floyd, Tangerine Dream und AC/DC. Aus der Neuzeit erwärmen sich meine Ohren für Archive und Nils Frahm. Dazu haben sich eine Reihe weiterer schwarzer Scheiben angesammelt. In der Plattenstube möchte ich nach und nach persönliche Highlights vorstellen und (m)eine kurze Geschichte dazu erzählen. Vinyl Slang und anderen Klugschiß kann und will ich hier nicht bieten. Das können andere viel besser.

Warum Plattenstube? Auf der Innenhülle einer Gebrauchten ist ein Stempelaufdruck „Plattenstube Christa Braun“ zu lesen. Mit Plattenstube assoziiere ich die Ruhe und Gemütlichkeit zweier Langrillen in Vinyl. Die Domain Plattenstube war noch frei und ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, Teile meiner Sammlung zu besprechen. Die Plattenstube ist nicht die übliche Musikwebseite mit den üblichen Rezensionen. Davon gibt es genug. Die Plattenstube gibt eher den privaten Einblick in eine Sammelleidenschaft rund um zwei Langrillen in einer Scheibe Vinyl.

* Unsere Ausstattung:
audio-technica AT-LP120XBT-USB (Nadel VMN95ML)
JBL Control One + Yamaha Subwoofer an Fosi Audio BT30D 2.1CH
AKG K 271 MkII an Fosi Audio T20

Makkerrony, Mai 2025
a.k.a. Lichtbildprophet