Sex Pistols – The Original Recordings

Meine Geschichte zum Album
Um über die Sex Pistols zu reden, muss ich bei PIL, Public Image Ltd, beginnen. In Ermangelung der Medienvielfalt und Medienoffenheit in der DDR schwappte über das Standard-Westradio und Westfernsehen wenig bis gar nichts zu den Sex Pistols ins andere Deutschland. Was ich jedoch wahrnahm, klang nach hilflosem Schreien, Klamotten aus der Sekundärrohstoffsammlung und Farbblindheit. Und dann war da ja noch das röhrende Schnuckelchen Nina Hagen, deren Punkallüren für mich der Grund zum ersten Fremdschämen waren.

Mit Public Image Ltd und dem This is not a Love Song waren die ansonsten freiheitlichen Medien etwas offener. Später, nach Grenzöffnung und im Besitz eines CD-Players, legte ich mir PIL’s Greatest Hits, So Far zu. Mittlerweile registrierte ich außerdem, wer Sänger von PIL war beziehungsweise ist. Auch hatten die Medien nunmehr ein etwas entspannteres Verhältnis zum Punk und den Sex Pistols. Mit Grunge a la Nirvana in den Ohren sind Anarchy in the U.K. und God save the Queen weitaus mehr als nur hirnloses, von Drogen vernebeltes Brüllen und martialisches Gitarrensaiten schrubben.

The Originals Recordings ist ein Überblick aus drei intensiven Jahren Sex Pistols, inklusive Sid Vicious My Way. Kann ich vom Best of-Album reden? Um ehrlich zu sein, ich habe mich viel zu wenig mit der Bandgeschichte auseinandergesetzt, Public Image Ltd eingeschlossen. Doch beim Hören des Never Mind the Bollocks, Here’s the Sex Pistols-Albums als auch The Original Recordings kommt Respekt für die Sangstruppe auf. Wenn zwei biologische Geschlechter die ausartende Vielfalt an gefühlten sexuellen Orientierungen hervorrufen kann, sind die dem Punk nachgesagten drei Akkorde ein Füllhorn für musikalische Kreativität. Sex Pistols sind Provokation. Die Band sprach aus, was ihr erst späte Anerkennung brachte. The Original Recordings verschaffen einen Überblick in ein eher chaotisches Bandleben.

Kurzrezension
The Original Recordings der Sex Pistols ist eine Zusammenstellung, die das explosive Erbe und die rohe Energie der Band umfasst, als auch den anarchischen Geist des britischen Punk der späten 70er Jahre zurückbringt. Die Sammlung ist 2022 erschienen und enthält 20 Tracks, darunter das bekannte Anarchy in the U.K., God Save the Queen, Pretty Vacant und Holidays in the Sun. Der Großteil des legendären Albums Never Mind the Bollocks, Here’s the Sex Pistols sind enthalten, ergänzt durch B-Seiten, Outtakes und Coverversion wie No Fun und My Way. The Original Recordings zeigt die Sex Pistols in ihrer ungeschliffenen provokanten Form. Die Gitarren sind hart, die Texte laut, zornig und verachtend auf alles, was nach Establishment riecht. Die Zusammenstellung ist keine Nostalgienummer, sondern ein kraftvolles Dokument einer Generation ohne Perspektive, die sich mit viel Wut Gehör verschafft hat.

Genesis – The Lamb Lies Down on Broadway

Meine Geschichte zum Album
In meiner Kindheit und zu den Anfängen meiner Jugend habe ich in Berlin-Weißensee gewohnt. Antonplatz, über dem Kino Toni. Keine 500 Meter davon entfernt war ein Plattenladen, in dem ich regelmäßig reingeschaut habe. Auch wenn das Taschengeld keine großen Sprünge zu ließ, landeten einige AMIGA-Lizenzscheiben bei mir. Die andere Quelle, zumindest zeitweise solche Schallplatten zu hören, war die Bibliothek in der Pistoriusstrasse. Irgendwann folgte dann der Umzug nach Pankow. Der nächste Plattenladen war weiter weg und eine öffentliche Bibliothek habe ich dann auch nie wieder benutzt.

Irgendwo dazwischen hatte ich das erste Mal Kontakt mit Genesis. Natürlich kannte ich die Gruppe und ihre Lieder aus dem Radio. Doch es waren eher die eingängigen Hits und nicht das, was in der Ära Peter Gabriel hervorgebracht wurde. Alles was mit Genesis und den Soloprojekten zu tun hat, erschloß sich mir erst nach dem Mauerfall. Wohl weil The Lamb Lies Down on Broadway ein Angebot war, holte ich mir die Doppel-LP. Sie hatte rein gar nichts mit der Hitmaschine unter Phil Collins als Sänger zu tun und es brauchte schon zwei oder drei Hörgänge, bis meine Liebe zu ihr entbrannt ist. Insbesondere Seite drei mit Lilywhite Lilith und The Waiting Room sind für mich noch heute Titel, bei denen ich mich Frage: Was wäre aus Genesis geworden, wenn die Fünferbesetzung so geblieben wäre?

Hätte, hätte, Fahrradkette. Carpet Crawlers gehörte zur Setlist der Band, war quasi ein Muss. 2007 hatte ich das Vergnügen, Genesis Live im Berliner Olympiastadion zu sehen. Ein Erlebnis, auch wenn ich im Anschluß vom stundenlangen Stehen keine Beine mehr hat. In letzter Zeit habe ich mich sogar Steve Hackett geöffnet, insbesondere den aktuelle Livemitschnitten, in denen er sowohl alte Genesis-Titel als auch sein eigenes Material spielt.

Ein UPDATE
Ich konnte meine Vinylsammlung um die The Lamb Lies Down On Broadway 50th Anniversary Super Deluxe Edition erweitern. Ihre Veröffentlichung wurde mindesrens einmal verschoben. Neben dem Album ist auch ein Livemitschnitt in Vinyl gepresst. Es ist auch noch allerlei Schnickschnack dabei. Besonders hervorheben möchte ich jedoch den Download von Album und Livemitschnitt. Nicht erwähnt wird, dass der Download nur als FLAC vorliegt. Nach dem Download der Zugabe musste ich die Daten in iPhone-taugliche Musik App-Dateien umwandeln.

Kurzrezension
The Lamb Lies Down on Broadway ist ein Konzeptalbum aus dem Jahr 1974, das als eines der ambitioniertesten Alben der Band gilt. Es erzählt die surrealistische Geschichte von Rael, einem puertoricanischen Straßenjungen in New York, der sich auf eine mystische Reise begibt. Musikalisch verbindet das Album komplexe Arrangements mit kraftvollen Melodien und experimentellen Soundlandschaften. Songs wie In the Cage, The Carpet Crawlers und The Colony of Slippermen zeigen die Vielseitigkeit der Band und die emotionale Tiefe von Peter Gabriels Gesang, der Geschichte des Albums verstärkt. Das Album ist Gabriels letzter Auftritt als Sänger von Genesis und ist noch heute ein Meilenstein des Progressive Rock.