Gary Numan – Replicas

Meine Geschichte zum Album
Eigentlich unter dem Bandnamen Tubeway Army veröffentlicht, avanciert der Gitarrist, Keyboarder und Sänger Gary Numan im weiteren Verlauf des Zeitgeschehens zum Solisten mit Band. Am Anfang der Karriere kann es eben mal etwas drunter und drüber gehen. Fakt ist: Der zweite Titel auf der Scheibe, Are ‚Friends‘ electric?, schreibt Musikgeschichte. Ich erinnere mich noch heute an die Diskussion im Westradio, ob elektronische Musik die gute alte handgezupfte Rockmusik ablösen und der Mensch nie wieder eine Gitarre in die Hand nehmen wird. Damals fand ich die Diskussion spannend. Ich war jung und brauchte das Geld.

Aus heutiger Sicht, mein musikalischer Horizont hat sich beachtlich erweitert, war es damals müsig, solch eine Diskussion zu führen. Mit Kraftwerk, Tangerine Dream und wie sie alle hießen gab es bereits Bands, die elektronisch generierte Musik spielten, trotzdem hatten und haben Rockbands mit klassischen Instrumenten ihr Auskommen. Damals war eben auch nicht alles besser, es gab die Berufsschwarzweißmaler und Vollzeitprovokateure, die für gute Zuhörerzahlen die Gemüter hochkochen ließen.

Gary Numan respektive Tubeway Army gelten zurecht zu den Pionieren des Synthiepop und Are ‚Friends‘ electric ist (s)eine Hymne. Ein weiterer Klassiker des Albums ist Down in the Park. In späteren Veröffentlichungen folgt Cars (Album The Pleasure Principle) und My Dying Machine (Album Berserker). Dann verschwindet Gary Numan aus meinem Blickfeld. Es ist aber genau das wenig bekannte My Dying Machine, was mich wieder auf Gary Numan bringt. Ich entdecke und mag seine Livequalitäten, lege mir folglich ein paar Livemitschnitte auf Vinyl zu. Mit White Noise Live habe ich letztendlich sogar eine Liveversion von My Dying Machine in der Plattenstube.

Kurzrezension
Replicas von Gary Numan, 1979 veröffentlicht unter den Namen Tubeway Army, gehört zu den wegweisenden Alben der elektronischen Musik und des New Wave. Es kombiniert düstere Themen mit eher kalten, synthetischen Klängen. Replicas markiert den Übergang Numan’s vom Gitarrenrock zur Synthesizer-basierten Musik. Besonders sind die Tracks Are ‚Friends‘ Electric? und Down in the Park hervorzuheben, die mit ihren sehr mechanischen Rhythmen und futuristischen Texten bis heute in seinen Konzerten gespielt werden.

Yes – 90125

Meine Geschichte zum Album
Es wird ein bisschen peinlich: Als ich um 1983/84 unangekündigt den Titel Owner of a Lonely Heart hörte, dachte ich zunächst an The Police. Zugegeben, der Gesang und die Stimme passte nicht ganz zu Sting, doch von Zeit zu Zeit neigen Sänger und Sängerinnen zum Qieken und Quietschen, warum nicht auch Sting. Zu meiner Ehrenrettung muss ich gestehen, dass ich zu dieser Zeit in einer festen Beziehung lebte, die 1984 in einer Ehe mündete, in Pankow wohnte und einer geregelten Arbeit nachging. Da bleibt nicht viel Zeit für Hobbypflege Musik. Eines Nachts, im Jahre 1984, sah ich in den Dritten des Westfernsehens eine Aufzeichnung eines Yes-Konzerts und es wurde beim Reinzappen Owner of a Lonely Heart gespielt.

Kurz vor Beginn meines Wehrdienstes 1987 hatte ich mitbekommen, dass Yes mit Big Generator einen Nachfolger herausgebracht hat. Durch besagten Wehrdienst, es war in der Zeit nicht möglich und erst Recht nicht erlaubt Westmedien zu konsumieren, war ich sehr schnell aus dem aktuellen Musikgeschehen heraus. Nach der Wende war 90125 eines der ersten Alben, welches ich mir gebraucht zugelegt habe. Außerdem legte ich mir neben 90125 auch Big Generator als LP zu. Es ist für mich so eine grundsätzliche Sache, eine Veröffentlichung in ihrer Gesamtheit, also alle Titel des Albums zu hören.

In die Wendezeit fiel auch die Veröffentlichung Anderson Bruford Wakeman Howe von Anderson, Bruford, Wakeman und Howe. Auch das habe ich mir zugelegt und hatte nun einen bunten Cocktail Yes und seine Ableger. Keinen Zweifel, dass Owner of a Lonely Heart eine kommerzieller Megaerfolg für Yes war. Nur spiegelt für mich der Erfolg nicht die Musik von Yes wider. Denn gerade die alten Lieder des oben erwähnten Livemitschnittes hatten es mir angetan. Und dem kam Anderson Bruford Wakeman Howe am Nächsten. Meine digitale Musikbibliothek umfasst Yes – The Studio Albums 1969 – 1987 und wenn Starship Trooper, Long Distance Runaround, The Gates of Delirium oder Awaken erklingt, geht innerlich in mir mehr die Post ab.

Kurzrezension
90125 ist ein bemerkenswertes Yes-Album aus dem Jahr 1983, das die Band in eine neue Ära führt. Mit geänderter Besetzung und einem modernen Sound entfernt sich Yes vom klassischen Progressive Rock, bedient sich eingängiger Melodien in radiotauglichen Arrangements. Der größte Hit des Albums und der Bandgeschichte überhaupt, Owner of a Lonely Heart, brachte Yes einen weltweiten kommerziellen Erfolg, der von Trevor Horn produziert ist. Das Album markierte eine Neuausrichtung der Band und ist ein faszinierendes Werk für Fans des 80er-Jahre-Sounds.

Genesis – The Lamb Lies Down on Broadway

Meine Geschichte zum Album
In meiner Kindheit und zu den Anfängen meiner Jugend habe ich in Berlin-Weißensee gewohnt. Antonplatz, über dem Kino Toni. Keine 500 Meter davon entfernt war ein Plattenladen, in dem ich regelmäßig reingeschaut habe. Auch wenn das Taschengeld keine großen Sprünge zu ließ, landeten einige AMIGA-Lizenzscheiben bei mir. Die andere Quelle, zumindest zeitweise solche Schallplatten zu hören, war die Bibliothek in der Pistoriusstrasse. Irgendwann folgte dann der Umzug nach Pankow. Der nächste Plattenladen war weiter weg und eine öffentliche Bibliothek habe ich dann auch nie wieder benutzt.

Irgendwo dazwischen hatte ich das erste Mal Kontakt mit Genesis. Natürlich kannte ich die Gruppe und ihre Lieder aus dem Radio. Doch es waren eher die eingängigen Hits und nicht das, was in der Ära Peter Gabriel hervorgebracht wurde. Alles was mit Genesis und den Soloprojekten zu tun hat, erschloß sich mir erst nach dem Mauerfall. Wohl weil The Lamb Lies Down on Broadway ein Angebot war, holte ich mir die Doppel-LP. Sie hatte rein gar nichts mit der Hitmaschine unter Phil Collins als Sänger zu tun und es brauchte schon zwei oder drei Hörgänge, bis meine Liebe zu ihr entbrannt ist. Insbesondere Seite drei mit Lilywhite Lilith und The Waiting Room sind für mich noch heute Titel, bei denen ich mich Frage: Was wäre aus Genesis geworden, wenn die Fünferbesetzung so geblieben wäre?

Hätte, hätte, Fahrradkette. Carpet Crawlers gehörte zur Setlist der Band, war quasi ein Muss. 2007 hatte ich das Vergnügen, Genesis Live im Berliner Olympiastadion zu sehen. Ein Erlebnis, auch wenn ich im Anschluß vom stundenlangen Stehen keine Beine mehr hat. In letzter Zeit habe ich mich sogar Steve Hackett geöffnet, insbesondere den aktuelle Livemitschnitten, in denen er sowohl alte Genesis-Titel als auch sein eigenes Material spielt.

Kurzrezension
The Lamb Lies Down on Broadway ist ein Konzeptalbum aus dem Jahr 1974, das als eines der ambitioniertesten Alben der Band gilt. Es erzählt die surrealistische Geschichte von Rael, einem puertoricanischen Straßenjungen in New York, der sich auf eine mystische Reise begibt. Musikalisch verbindet das Album komplexe Arrangements mit kraftvollen Melodien und experimentellen Soundlandschaften. Songs wie In the Cage, The Carpet Crawlers und The Colony of Slippermen zeigen die Vielseitigkeit der Band und die emotionale Tiefe von Peter Gabriels Gesang, der Geschichte des Albums verstärkt. Das Album ist Gabriels letzter Auftritt als Sänger von Genesis und ist noch heute ein Meilenstein des Progressive Rock.

Tangerine Dream – Tangerine Dream (AMIGA)

Meine Geschichte zum Album
Es war eine dumme Angewohnheit von AMIGA, der Mehrzahl aller Lizenzpressungen keinen ordentlichen Titel zu verpassen. Ist für das private Archiv eine Katalogisierung erforderlich, heißt die Scheibe einfach Tangerine DreamTangerine Dream. Es soll Vinylenthusiasten geben, die das Album nach dem Titel Quichotte benennen. Im Westen erscheint der Langspieler unter dem Titel Pergamon Live. Heute lese ich sogar Pergamon – Live at the Palast der Republik GDR.

Solche Details sind die Zündschnur für Endlosdiskussionen mit Klugscheißer und Besserwisser, was wiederum reine Lebenszeitverschwendung ist. Für mich ist Fakt: Wie auch immer ich zur damaligen Zeit auf Tangerine Dream und dieses Album aus 1981/1986 gekommen bin, ist mir heute völlig unklar. Ich halte das AMIGA-Album mitohne Titel immer noch für eines der großen Tangerine Dream-Werke. Kein Ricochet oder Tangram kommt an das Intro von Quichotte heran. Der weitere Verlauf des einen zweigeteilten Titel Quichotte hat mir Klänge eröffnet, die ich so nicht kannte. Wenn ich heute irgendetwas in die Nähe von Pergamon Live rücken würde wollen, dann sind es die aktuelleren the sessions II und the sessions III. Beide genannten Livemitschnitte haben nichts von der damaligen Besetzung zu tun, die 1980 im Palast der Republik das (die) Konzert(e) spielen.

Im weiteren Lebenslauf spielt Tangerine Dream für mich eine untergeordnete Rolle. Mich faszinieren eher die Live- als Studioveröffentlichungen von Tangerine Dream. Das ändert sich in den letzten Jahren, Quantum Years und Raum sei exemplarisch erwähnt. Mittlerweile durfte ich Tangerine Dream zweimal live im Admiralspalast erleben. Erleben durfte ich dabei auch, wie Fans auf diese Musik – inklusive Headbanging – abgehen können. Das kann nicht schlecht sein.

Kurzrezension
Pergamon von Tangerine Dream ist ein Live-Album, das 1980 im Palast der Republik in Berlin (Ost) aufgenommen wurde. Es markiert den ersten Auftritt der Band mit Johannes Schmoelling und wurde zunächst bei AMIGA in der DDR veröffentlicht, bevor es 1986 international als Pergamon Live erschien. Das Album besteht aus den zwei atmosphärischen Stücken Quichotte I und II, die eine Klanglandschaft schaffen und sich stilistisch am Album Tangram orientieren. Pergamon gilt als eines der bedeutendsten Live-Mitschnitte von Tangerine Dream und ist eine einzigartige musikalische Reise für Liebhaber elektronischer Musik.

Aphrodite’s Child – 666

Meine Geschichte zum Album
Zum Start der Plattenstube habe ich mir eine besondere Plastinka (russisch, Einzahl für Schallplatte, Mehrzahl Plastinki) rausgesucht!

Was war zuerst: Vangelis, Demis Roussos oder Aphrodite’s Child. Klare Antwort: Aphrodite’s Child und The Four Horsemen. Gespielt in den frühen Abendstunden im Westradio und ich meine sogar, dass ich das Lied (nicht vollständig) auf eine Kassette gezogen habe. Dieses Lied hat sich in mein Gehirn festgebrannt. Warum, keine Ahnung. Es gibt noch solch ein Lied, nicht von Aphrodite’s Child, was sich wie ein Häufchen Hundescheiße innerlich verewigt hat: Late Night Taxi Dancer von Peter Straker aus 1977.

Zurück zum Titel The Four Horsemen, der mit dem orgastisch anmutenden Late Night Taxi Dancer überhaupt nicht zu vergleichen ist. Ungelogen hat es Jahrzehnte gebraucht, bis mir bewußt wurde, dass Demis Roussos, mir bis dahin geläufig als deutschsingender Schlagersänger, und Vangelis hinter Aprodite’s Child stecken. Es gehören noch zwei weitere Musiker zur Gruppe, aber die sagen mir gar nichts. Später, also nach 1977, kreuzte Vangelis mit der AMIGA-Pressung Vangelis – Greatest Hits aus 1986 meinen Weg. Zwar war ich der elektronischen Musik verfallen, doch Vangelis passt nicht ganz in meinen musikalischen Kragen. Die spätere Henry Maske-Hymne Conquest of Paradise hat die innere Ablehnung nur noch verstärkt.

Also: Vangelis und Demis Roussos sind Teil von Aphrodite’s Child und haben The Four Horsemen herausgebracht, das mich musikalisch anspricht. Ich höre mir in Apple Music das Album 666 an. Meine Begeisterung hält sich in Grenzen: 666 ist kein Album was ich so nebenbei auf der Arbeit hören kann. Ein paar Versuche später und ich schaue mich nach Exemplaren in Vinyl um. Die Preise im Gebrauchthandel sind mir zu hoch. Wenig später sehe ich, dass das Doppelalbum auch in Neu verkauft wird. Ich schlage zu.

Bedenke ich das Jahr des Erscheinens und wie weit die Musik in ihrer Entwicklung war, dann ist 666 schon ein beachtliches Werk und ich verstehe, wieso Jon Anderson Interesse an Vangelis als Keyboarder und Wakeman-Ersatz für Yes hatte. Daraus wurde nichts, glücklicherweise muss ich sagen, denn das Duo Jon & Vangelis haben die Musikwelt viel mehr bereichert.

Kurzrezension
666 von Aphrodite’s Child ist ein wegweisendes Konzeptalbum aus dem Jahr 1972, das die Offenbarung des Johannes musikalisch interpretiert. Unter der Leitung von Vangelis verbindet das Album progressiven Rock, psychedelische Klänge und experimentelle Soundlandschaften. Besonders herausragend sind Titel wie The Four Horsemen, das mit seinem Rhythmus und der markanten Stimme Roussos eine düstere Atmosphäre schafft, sowie Aegean Sea, das mit sphärischen Klängen beeindruckt. Das Album enthält auch das Stück , in dem Irene Papas eine in Zügen ekstatische Gesangsdarbietung liefert. 666 gilt heute als Meilenstein des Progressive Rock. Es ist ein Album experimenteller Musik, das musikalisch und konzeptionell Grenzen überschreitet und noch heute fasziniert.