Ólafur Arnalds & Nils Frahm – Loon

Meine Geschichte zum Album
Verträgt der lärmdurchtränkte Durchschnittsmensch überhaupt noch Stille oder bekommt er im Lautlosen ein Stresspustel-Syndrom? Als Autor des Beitrags muss ich das fragen, denn weder Ólafur Arnalds noch Nils Frahm sind als Meister der lauten Klänge bekannt. Manchmal muss ich richtig hinhören um zu registrieren, dass es da etwas zu hören gibt. Musik muss wirklich nicht laut sein. Das ist ein Märchen, ein Narrativ oder wie man es heute auch immer nennen mag. Laut macht in Wirklichkeit nur aggressiv.

Von beiden Künstlern, Nils Frahm und Ólafur Arnalds, bin ich sehr angetan. Wie ich zu jedem einzeln und als Kollaborateure gekommen bin, lässt sich für mich mit Kiasmos (Ólafur Arnalds) und Coming Home by Sven Väth nachvollziehen. Beim Letztgenannten klärt mich ein Modell beim Fotoshooting auf, dass die Passage am Ende des Continuous Mix Nils Frahm mit Says ist. Neugierig geworden, begebe ich mich digital auf Entdeckungsreise und irgendwann landen mehrere schwarze Scheiben Vinyl in meiner Vinylothek.

Einige der erworbenen Schallplatten sind bei Erased Tapes Record veröffentlicht. Beim Kauf einer Erased Tapes Record-Scheibe gibt es den digitalen Downlod oben drauf. Der entsprechende Code findet sich im Inneren des Covers. Beim ersten Download gab es zusätzlich eine kostenlose Various Artists-Sammlung dazu, die meinen musikalischen Horizont bereichert hat.

Kurzrezension
Das 2015 erschienene Loon ist ein Projekt, das die musikalichen Handschriften zweier Meister der modernen Ambient- und Elektronikmusik in sich bündelt. In fünf minimalistisch ausgeführten Tracks verschmelzen Frahms Klangmuster mit Arnalds’ atmosphärischer Virtuosität. Die Titel sind meditative Skizzen, die sich allmählich entfalten und ihre hypnotische Wirkung freisetzen. Das Besondere ist die Live-Produktion: Die Künstler improvisieren mit ihren Synthesizern und zeichnen ihre Musik auf Band auf. Loon ist ein stilles Statement, ein leiser Dialog zwischen den Klangwelten zweier musikalisch gleichberechtigter Künstler. Wer sich auf das fein gesponnene Klangnetz einlässt, wird mit einem unaufdringlichen Hörerlebnis verwöhnt, das seine volle Wirkung selbst in der Konzentration oder in einer entspannten Abendstimmung entfaltet.

Gary Numan – Replicas

Meine Geschichte zum Album
Eigentlich unter dem Bandnamen Tubeway Army veröffentlicht, avanciert der Gitarrist, Keyboarder und Sänger Gary Numan im weiteren Verlauf des Zeitgeschehens zum Solisten mit Band. Am Anfang der Karriere kann es eben mal etwas drunter und drüber gehen. Fakt ist: Der zweite Titel auf der Scheibe, Are ‚Friends‘ electric?, schreibt Musikgeschichte. Ich erinnere mich noch heute an die Diskussion im Westradio, ob elektronische Musik die gute alte handgezupfte Rockmusik ablösen und der Mensch nie wieder eine Gitarre in die Hand nehmen wird. Damals fand ich die Diskussion spannend. Ich war jung und brauchte das Geld.

Aus heutiger Sicht, mein musikalischer Horizont hat sich beachtlich erweitert, war es damals müsig, solch eine Diskussion zu führen. Mit Kraftwerk, Tangerine Dream und wie sie alle hießen gab es bereits Bands, die elektronisch generierte Musik spielten, trotzdem hatten und haben Rockbands mit klassischen Instrumenten ihr Auskommen. Damals war eben auch nicht alles besser, es gab die Berufsschwarzweißmaler und Vollzeitprovokateure, die für gute Zuhörerzahlen die Gemüter hochkochen ließen.

Gary Numan respektive Tubeway Army gelten zurecht zu den Pionieren des Synthiepop und Are ‚Friends‘ electric ist (s)eine Hymne. Ein weiterer Klassiker des Albums ist Down in the Park. In späteren Veröffentlichungen folgt Cars (Album The Pleasure Principle) und My Dying Machine (Album Berserker). Dann verschwindet Gary Numan aus meinem Blickfeld. Es ist aber genau das wenig bekannte My Dying Machine, was mich wieder auf Gary Numan bringt. Ich entdecke und mag seine Livequalitäten, lege mir folglich ein paar Livemitschnitte auf Vinyl zu. Mit White Noise Live habe ich letztendlich sogar eine Liveversion von My Dying Machine in der Plattenstube.

Kurzrezension
Replicas von Gary Numan, 1979 veröffentlicht unter den Namen Tubeway Army, gehört zu den wegweisenden Alben der elektronischen Musik und des New Wave. Es kombiniert düstere Themen mit eher kalten, synthetischen Klängen. Replicas markiert den Übergang Numan’s vom Gitarrenrock zur Synthesizer-basierten Musik. Besonders sind die Tracks Are ‚Friends‘ Electric? und Down in the Park hervorzuheben, die mit ihren sehr mechanischen Rhythmen und futuristischen Texten bis heute in seinen Konzerten gespielt werden.

Yes – 90125

Meine Geschichte zum Album
Es wird ein bisschen peinlich: Als ich um 1983/84 unangekündigt den Titel Owner of a Lonely Heart hörte, dachte ich zunächst an The Police. Zugegeben, der Gesang und die Stimme passte nicht ganz zu Sting, doch von Zeit zu Zeit neigen Sänger und Sängerinnen zum Qieken und Quietschen, warum nicht auch Sting. Zu meiner Ehrenrettung muss ich gestehen, dass ich zu dieser Zeit in einer festen Beziehung lebte, die 1984 in einer Ehe mündete, in Pankow wohnte und einer geregelten Arbeit nachging. Da bleibt nicht viel Zeit für Hobbypflege Musik. Eines Nachts, im Jahre 1984, sah ich in den Dritten des Westfernsehens eine Aufzeichnung eines Yes-Konzerts und es wurde beim Reinzappen Owner of a Lonely Heart gespielt.

Kurz vor Beginn meines Wehrdienstes 1987 hatte ich mitbekommen, dass Yes mit Big Generator einen Nachfolger herausgebracht hat. Durch besagten Wehrdienst, es war in der Zeit nicht möglich und erst Recht nicht erlaubt Westmedien zu konsumieren, war ich sehr schnell aus dem aktuellen Musikgeschehen heraus. Nach der Wende war 90125 eines der ersten Alben, welches ich mir gebraucht zugelegt habe. Außerdem legte ich mir neben 90125 auch Big Generator als LP zu. Es ist für mich so eine grundsätzliche Sache, eine Veröffentlichung in ihrer Gesamtheit, also alle Titel des Albums zu hören.

In die Wendezeit fiel auch die Veröffentlichung Anderson Bruford Wakeman Howe von Anderson, Bruford, Wakeman und Howe. Auch das habe ich mir zugelegt und hatte nun einen bunten Cocktail Yes und seine Ableger. Keinen Zweifel, dass Owner of a Lonely Heart eine kommerzieller Megaerfolg für Yes war. Nur spiegelt für mich der Erfolg nicht die Musik von Yes wider. Denn gerade die alten Lieder des oben erwähnten Livemitschnittes hatten es mir angetan. Und dem kam Anderson Bruford Wakeman Howe am Nächsten. Meine digitale Musikbibliothek umfasst Yes – The Studio Albums 1969 – 1987 und wenn Starship Trooper, Long Distance Runaround, The Gates of Delirium oder Awaken erklingt, geht innerlich in mir mehr die Post ab.

Kurzrezension
90125 ist ein bemerkenswertes Yes-Album aus dem Jahr 1983, das die Band in eine neue Ära führt. Mit geänderter Besetzung und einem modernen Sound entfernt sich Yes vom klassischen Progressive Rock, bedient sich eingängiger Melodien in radiotauglichen Arrangements. Der größte Hit des Albums und der Bandgeschichte überhaupt, Owner of a Lonely Heart, brachte Yes einen weltweiten kommerziellen Erfolg, der von Trevor Horn produziert ist. Das Album markierte eine Neuausrichtung der Band und ist ein faszinierendes Werk für Fans des 80er-Jahre-Sounds.

AC/DC – Highway to Hell (AMIGA)

Meine Geschichte zum Album
Wenn die Boomer eine Hymne bräuchten und ich sie bestimmen dürfte, dann wäre es Highway to Hell oder Touch Too Much von AC/DC. Der Langspieler erschien 1981 bei AMIGA, also etwa ein Jahr nach dem Tod des Sängers Bon Scott und zwei Jahre nach ihrem Erscheinen. Heute, wo ich einige AC/DC-Langrillen von vor Highway to Hell gehört habe, stellt das Album einen echten Höhepunkt dar. Jeder Song hat auf seine Weise sein Potential und überzeugt. Bei dem der Körper ruhig bleibt, der geht auch zum Lachen in den Keller. Kein Hängerchen oder Lückenfüller ist in Highway to Hell enthalten. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte ich auch sagen: Der beste Zeitpunkt die Bühne zu verlassen und Platz für Neues zu machen. Diesen Punkt so zu erwischen gewährt ewigen Ruhm und trotz der herausragenden Leistungen von Nachfolger Brian Johnson wird Bon Scott AC/DC und umgekehrt sein. Beide Sänger sind einzigartig und lassen sich nicht vergleichen.

In der Vinylothek tummeln sich die AMIGA-Pressung als auch eine Pressung neueren Datums. Neben Highway to Hell und Touch Too Much hat es mir Night Prowler angetan. Der Song ist ein großartiger Abgesang, ein Cliffhanger zum Nachfolgealbum Back in Black und dem Eröffnungstitel Hells Bells. Einfach ganz großes Kino der Hartmetall-Kombo Wechselstrom/Gleichstrom. In der Erinnerung an Highway to Hell geblieben ist auch ein Plattenaufleger (DDR Slang für DJ), der aus Touch Too Much eine Langversion geschnitten und sie im Jugendklub zum Besten gegeben hat. Für mich war das zumindest Damals eine beachtliche Leistung.

Kurzrezension
Highway to Hell von AC/DC ist ein legendäres Hard-Rock-Album, das 1979 veröffentlicht wurde und den endgültigen Durchbruch der Band markiert. Es war das letzte Album mit dem Sänger Bon Scott, dessen rauer Gesang die Songs unverwechselbar macht. Der Titeltrack ist eine Hymne des Rock, mit einem treibenden Rhythmus und einem eingängigen Refrain. Weitere Highlights sind Girls Got Rhythm, Touch Too Much und If You Want Blood (You’ve Got It), die alle die Energie und den Stil der Band verkörpern. Highway to Hell ist ein absolutes Muss für Rock-Fans.

Genesis – The Lamb Lies Down on Broadway

Meine Geschichte zum Album
In meiner Kindheit und zu den Anfängen meiner Jugend habe ich in Berlin-Weißensee gewohnt. Antonplatz, über dem Kino Toni. Keine 500 Meter davon entfernt war ein Plattenladen, in dem ich regelmäßig reingeschaut habe. Auch wenn das Taschengeld keine großen Sprünge zu ließ, landeten einige AMIGA-Lizenzscheiben bei mir. Die andere Quelle, zumindest zeitweise solche Schallplatten zu hören, war die Bibliothek in der Pistoriusstrasse. Irgendwann folgte dann der Umzug nach Pankow. Der nächste Plattenladen war weiter weg und eine öffentliche Bibliothek habe ich dann auch nie wieder benutzt.

Irgendwo dazwischen hatte ich das erste Mal Kontakt mit Genesis. Natürlich kannte ich die Gruppe und ihre Lieder aus dem Radio. Doch es waren eher die eingängigen Hits und nicht das, was in der Ära Peter Gabriel hervorgebracht wurde. Alles was mit Genesis und den Soloprojekten zu tun hat, erschloß sich mir erst nach dem Mauerfall. Wohl weil The Lamb Lies Down on Broadway ein Angebot war, holte ich mir die Doppel-LP. Sie hatte rein gar nichts mit der Hitmaschine unter Phil Collins als Sänger zu tun und es brauchte schon zwei oder drei Hörgänge, bis meine Liebe zu ihr entbrannt ist. Insbesondere Seite drei mit Lilywhite Lilith und The Waiting Room sind für mich noch heute Titel, bei denen ich mich Frage: Was wäre aus Genesis geworden, wenn die Fünferbesetzung so geblieben wäre?

Hätte, hätte, Fahrradkette. Carpet Crawlers gehörte zur Setlist der Band, war quasi ein Muss. 2007 hatte ich das Vergnügen, Genesis Live im Berliner Olympiastadion zu sehen. Ein Erlebnis, auch wenn ich im Anschluß vom stundenlangen Stehen keine Beine mehr hat. In letzter Zeit habe ich mich sogar Steve Hackett geöffnet, insbesondere den aktuelle Livemitschnitten, in denen er sowohl alte Genesis-Titel als auch sein eigenes Material spielt.

Kurzrezension
The Lamb Lies Down on Broadway ist ein Konzeptalbum aus dem Jahr 1974, das als eines der ambitioniertesten Alben der Band gilt. Es erzählt die surrealistische Geschichte von Rael, einem puertoricanischen Straßenjungen in New York, der sich auf eine mystische Reise begibt. Musikalisch verbindet das Album komplexe Arrangements mit kraftvollen Melodien und experimentellen Soundlandschaften. Songs wie In the Cage, The Carpet Crawlers und The Colony of Slippermen zeigen die Vielseitigkeit der Band und die emotionale Tiefe von Peter Gabriels Gesang, der Geschichte des Albums verstärkt. Das Album ist Gabriels letzter Auftritt als Sänger von Genesis und ist noch heute ein Meilenstein des Progressive Rock.